Das Milliarden-Geschäft mit dem E-Sports

Tennis in Wimbledon, Berge hochfahren bei der Tour de France? Wenn man als Profisportler richtig gutes Geld verdienen will, gibt es eine Alternative: E-Sports. Sport am Computer – Gaming. Es kann sich lohnen: Beim E-Sports-Turnier „The International“ gab es 34,3 Millionen Dollar zu gewinnen. Die Sieger gingen mit 16 Millionen Dollar nach Hause, das macht 3,1 Millionen Dollar für jedes Teammitglied. Das ist mehr als die drei Millionen Dollar, die Novak Djokovic für seinen Wimbledon-Sieg erhielt. Das Preisgeld für die Tour de France betrug in diesem Jahr 2,52 Millionen Dollar, bei den U.S. Open gab es 10,25 Millionen Dollar für den Sieger.

Größeres Publikum als American Football

Im Jahr 2019 sahen weltweit 443 Millionen Zuschauer zu. Traditionelles American Football und Rugby zusammen zogen 410 Millionen Zuschauer an. Es wird erwartet, dass die Gaming-Zuschauerzahl bis 2022 die Zuschauerzahl von Baseball übertreffen wird. Und das nicht nur virtuell – sondern auch in gefüllten Stadien. Vor der Pandemie verzeichnete die ESL (E-Sports League) ein Zuschauerwachstum von 90 Prozent. Deutschlandweit ist die bekannteste Veranstaltung die ESL One Cologne in der LANXESS Arena. Jährlich ausgetragen, weltweit bekannt und regelmäßig ausverkauft, bringt sie rund 14.000 Besuchern nach Köln. Zum Vergleich: Das Intel Extreme Masters Katowice desselben Jahres gilt mit 174.000 Besuchern vor Ort und Millionen von Stream-Zuschauern heutzutage als meistgesehenes ESL Turnier aller Zeiten.

Nun sind seitdem zwei Jahre vergangen. Der Profisport musste aufgrund der Coronavirus-Pandemie eine Pause einlegen. Diese Lücke nutzte der E-Sport und gehört derzeit zu den sich am schnellsten entwickelnden Wirtschaftsbereichen der Welt.

Nicht überall im E-Sports gibt es rekordverdächtige Summen zu gewinnen, aber dafür sind die Zugangshürden im Vergleich zum Profisport relativ niedrig. Der 16-jährige Kyle „Bugha“ Giersdorf wurde vergangenes Jahr zum Multimillionär. Er gewann bei den „Fortnite World Cups“. Fortnite ist eines der beliebtesten Spiele überhaupt. Millionen Menschen zocken weltweit „Fortnite: Battle Royale“. In diesem kostenlosen Onlinespiel geht es darum, von 100 MitspielerInnen als letzter am Leben zu bleiben.

Beim E-Sports treten Profi- und Amateurspieler bei regionalen oder internationalen Videospiel-Events gegeneinander an. Im Jahr 2021 wird der globale E-Sports-Markt auf etwas mehr als 1,08 Milliarden US-Dollar geschätzt, was einem Anstieg von fast 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Es wird erwartet, dass der weltweite Marktumsatz der E-Sports-Branche bis 2024 auf bis zu 1,62 Milliarden US-Dollar ansteigen wird. Asien und Nordamerika sind derzeit die umsatzstärksten E-Sports-Märkte, wobei China allein fast ein Fünftel des Marktes ausmacht.

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Jetzt kommt auch das große Geld

Sponsorships und Werbedeals pumpen viel Geld in den traditionellen Sport, jedoch werden immer mehr Gelder in Richtung E-Sports umgeschichtet. Insgesamt beliefen sich die globalen Einnahmen aus Sponsoring und Werbung im Jahr 2021 auf 641 Millionen US-Dollar. Begründung: Hier erreichen Marken junge Zielgruppen (18-35 Jahre) mit hohem Engagement und langer Aufmerksamkeit.

Das dachte sich McDonalds auch, als es seinen DFB-Sponsoring Vertrag nach 15 Jahren auslaufen lies und stattdessen auf E-Sports setzte – als Großsponsor mit Mercedes-Benz bei der ESL (E-Sports League). Und das, obwohl die Szene in Deutschland noch nicht die Anerkennung des DOSB als offizielle Sportart erhalten hat. E-Sports-Wettbewerbe werden trotzdem wie ein anerkannter Sport behandelt – vor allem von Sponsoren. Unternehmen wie Intel, DHL, Daimler, SAP und Vodafone sind dabei, teilweise mit eigenen Investments in Teams. McDonald’s-Sprecher Wacholz: „Es spiegelt eine generelle Markenstrategie wider, näher an die Lebenswelt der Teens und Twens anzuschließen.“

Auch Luxusmarken wie Louis Vuitton und Gucci machen erste große Schritte in die Welt des E-Sports und Gamings. Gucci arbeitet mit einer der bekanntesten E-Sports-Organisationen „100 Thieves“ zusammen, in die auch der Rapper Drake investiert hat. Monopoly hat aktuell eine E-Sports-Edition auf den Markt gebracht. Der Rapper und Musikproduzent Travis Scott hat per virtuellem Konzert in Fortnite neue Songs vorgestellt und soll damit 20 Millionen Dollar verdient haben. Seine Performance hatte bislang 45,8 Millionen Aufrufe innerhalb des Spiels. Auf seinem YouTube-Kanal noch mal 77 Millionen Aufrufe. Auf Twitch erreichte der offizielle Stream zur Premiere eine durchschnittliche Zuschauerzahl von 2,3 Millionen pro Minute. Also unschlagbare Zahlen für werbende Unternehmen.

Derzeit sind Risikokapitalfirmen immer noch die bedeutendste Investorengruppe in der E-Sports-Branche. Dieses Phänomen deutet darauf hin, dass sich die meisten E-Sports-Organisationen noch in der Entwicklung befinden. Ähnlich wie in der globalen Branche bietet der E-Sports-Markt in Europa unterschiedliche Investitionsmöglichkeiten. Inhalte, Analysen, Chat- und Sprachtechnologien, Talentmanagement und auf den E-Sport ausgerichtete soziale Netzwerke und andere Dienste werden in den nächsten Jahren aus dem Boden schießen, wenn sich der Markt weiterentwickelt.

Wohin fließen die Investments?

Laut Zahlen der Analysegesellschaft Superdata gab es allein in 2020 eine Steigerung von mehr als 12 Prozent bei Videospielen, In-Game-Käufen oder Gaming-Livestreams. An der Börse zeigt sich das bei Entwicklern wie Activision Blizzard, Electronic Arts, Take-Two Interactive, Tencent Holdings und Sony. Der Star ist Epic Games. Der US-Konzern steckt hinter Fortnite und breitet seinen Einfluss in der Industrie aggressiv weiter aus. Epic Games ist nicht an der Börse notiert, jedoch besitzt der chinesische Mischkonzern Tencent Holdings rund 40 Prozent der Aktien von Epic Games.

Gaming-Hardware-Firmen stellen im allgemeinen Produkte her, die ein breites Spektrum von Spielern ansprechen, darunter Gelegenheitsspieler und E-Sports-Profis. Razer mit einer Marktkapitalisierung von 1.96 Milliarden Euro ist eine der führenden Lifestyle-Marken und bekannt für Gaming-Hardware. Mit dem Slogan „Von Gamern, Für Gamer“ sind sie sowohl nah an Hobby-Gamern als auch den Profis. Razer ist als Hauptsponsor im E-Sport bekannt und ist der Hardware-Partner für viele der Top E-Sport-Teams.

Zurzeit noch Nischen sind Augmented Reality, Virtual Reality, 3D-Hosting-Technologien, die lebensechtere Erlebnisse in einer virtuellen Umgebung ermöglichen und die Verfolgung von Statistiken im Spiel.

Eines ist klar: Die Branche boomt. So scheint sich der E-Sport inmitten einer weltweiten Pandemie, die uns weitgehend an unsere Bildschirme fesselt, herausragend gut geschlagen zu haben. Die E-Sports-Branche ist auf internationalem Expansionskurs. Wie steil der Anstieg für E-Sports gerade Post-Lockdown sein wird, zeigt sich, wenn Fans und Nutzer wieder frei aus der vollen Branche der Unterhaltungsindustrie wählen können.

Bild von Florian Olivo auf Unsplash.com

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