Seit seiner Jugend ist Sebastian Thelen Serienunternehmer. Nach einer Athen-Reise war es wieder so weit. Mit einem kleinen Team baut er erst seit wenigen Wochen ein Start-up auf und gehört schon jetzt zu den Marktführern. Im Business Beast-Interview beschreibt er seine letzten Wochen und verrät, wie ein E-Auto-Besitzer mit seinem Wagen ganz leicht noch ein paar Hundert Euro dazuverdienen kann.
Business Beast: Herr Thelen, Sie starten ein Unternehmen nach dem anderen. Woher diese Leidenschaft zum Gründen?
Sebastian Thelen: Ich habe schon mein ganzes Leben Unternehmen gegründet. Mit 15 Jahren das erste Start-up. Durch ein Praktikum lernte ich Prof. Achim Kampker kennen, der im gleichen Unternehmen CEO war. Mit ihm gründete ich einen Onlineshop für Kaminöfen. Dabei habe ich wahnsinnig viel gelernt. Nach dem Verkauf ging es weiter. Achim Kampker entwickelte den Street-Scooter für die Deutsche Post. Ich bin in die Online-Werbung gegangen. Die Firma ist ziemlich groß geworden. 2015 habe ich verkauft. Danach ging es einfach immer weiter mit neuen Beteiligungen, eigenen Start-ups, Übernahmen. Dann kam der Dezember 2021.
Was ist passiert?
Da hat mich ein Freund plötzlich nach Athen eingeladen. Er habe was vor, fragte, ob ich helfen könnte. Am Ende ging es um eine neue Geschäftsidee von ihm. Drei Tage haben wir den Bereich Nachhaltigkeit und Elektromobilität durchgesprochen. Alles lief auf eine App im Bereich Autovermietung hinaus. Aber irgendwann nach dem dritten Ouzo, kam das Thema Tesla auf. Dabei sind wir auf den CO2-Quotenhandel gekommen. Tesla verdient damit ja bekanntlich eine Menge Geld…
In Deutschland öffnete sich gerade zu dieser Zeit ein neuer Markt.
Ganz genau. Wir haben schnell festgestellt, dass ab 1. Januar 2022 die sogenannte THG-Quote (Treibhausgasminderungsquote) in Kraft tritt. Wir dachten uns, das muss ja einen riesigen Impact haben. Plötzlich konnte jeder Halter eines E-Autos mithelfen, Nachhaltigkeit nach vorne zu bringen. Damit war klar, da müssen wir rein.
Wie funktioniert das Konzept?
Am Ende des Tages können die CO2-Reduktionen eines E-Fahrzeugs von großen Unternehmen wie Mineralölkonzernen genutzt werden, um ihre zu hohen CO2-Emissionen zu kompensieren. Diese Konzerne dürfen einen bestimmten Schwellenwert beim Emissionsausstoß nicht überschreiten. Da kommen die normalerweise aber drüber. Um das wieder auszugleichen, können diese Firmen die Einsparungen von Elektroautos erwerben und sich selbst anrechnen lassen. Als Halter eines E-Autos kann man also seine THG-Quote verkaufen und tut der Umwelt gleichzeitig noch etwas Gutes. Das einzige Problem: Davon hatte noch nie irgendjemand gehört.
Was ist die Idee?
Der Prozess hinter dem Handel mit THG-Quoten ist wahnsinnig komplex. Da sind so viele Parteien involviert. Das Umweltbundesamt, der Zoll und am Ende die großen Mineralölkonzerne. Die haben natürlich keinen Bock, dass da irgendwelche Leute kommen und denen eine einzelne THG-Quote verkaufen. Die kaufen eher in der Größenordnung ab 10.000 Zertifikaten. Jemand muss das also bündeln und den ganzen Prozess zwischen den verschiedenen Parteien übernehmen. Das machen wir.
Sie sprechen immer von Mineralölkonzernen. Was ist denn mit anderen großen CO2-Emittenten. Zum Beispiel in der Aluminium- oder Zementherstellung?
Die Europäische Union gibt genau vor, wer solche Quoten kaufen darf und wer nicht. Im Moment hält man das innerhalb eines Sektors. Das bedeutet: Mineralölkonzerne, die Treibhausgase emittieren, sind auch diejenigen, die eingesparte Emissionen von E-Autos erwerben können. Genau das ist seit diesem Jahr möglich. Da wollten wir unbedingt dabei sein. Aber wir wussten auch, das muss jetzt verdammt schnell gehen.
Klingt nach einem stressigen Dezember.
Sehr (lacht). Das ganze Team hat über Weihnachten gearbeitet. Zwischen der Idee und der ersten fertigen Website vergingen gerade mal drei Wochen. Wir haben uns gleich nach der Rückkehr aus Athen hingesetzt, die ersten Programmierer ins Boot geholt und direkt die erste Plattform für den B2C-Bereich entwickelt.
Aus der Schnapsidee ist also Wirklichkeit geworden…
… und dabei waren wir auch noch extrem schnell. In der ersten Januarwoche waren wir online. Auf unseren Portalen www.wirkaufendeinzertifikat.de und www.klima-quote.de können Privatpersonen jetzt die THG-Quote ihres Elektrofahrzeugs verkaufen.
Wie funktioniert der ganze Prozess aus Sicht eines Kunden?
Das ist ganz einfach. Drei Schritte: Namen eingeben, IBAN-Nummer ausfüllen, Fahrzeugschein hochladen. Und schon bekommt der Kunde das Geld überwiesen. Wir prüfen vorher nur noch, ob die Angaben echt sind und der Fahrzeugschein nicht irgendein Photoshop-Fake ist.
Wie viel kann ich mit meinem Elektroauto da verdienen?
Bis zu 400 Euro pro Jahr. Unsere Kunden haben drei Wahlmöglichkeiten. Der Flex-Tarif bringt bis zu 400 Euro. Dann handeln wir ihre Quote und holen das Maximum dabei raus. Wenn Sie eine garantierte Summe bekommen wollen, können Sie bei uns 300 Euro verdienen. Allerdings erst, sobald wir das Geld selber bekommen haben. Das dauert zwar ungefähr 12 Wochen, ist dafür aber fix. Egal welchen Preis wir mit ihrer Quote erzielen. Für alle, die ihr Geld lieber sofort haben wollen, bieten wir 200 Euro Sofortauszahlung innerhalb von 24 Stunden.
Aber Sie sind damit nicht die Einzigen auf dem Markt. Wie wollen Sie sich absetzen?
Auf dem Markt herrscht reger Wettbewerb. Es gibt theoretisch knapp zwei Dutzend Konkurrenten. Und jeden Tag werden es mehr. Aber nur wir haben den ganzen Prozess komplett in unserer Hand. Wir stehen selbst mit dem Kunden in Kontakt. Wir wickeln die Einreichung beim Umweltbundesamt ab – automatisch. Das Gleiche gilt für den Zoll und den Kontakt zu Brokern. Wir bündeln die Zertifikate zu großen Paketen und handeln selbst damit. Die meisten Mitbewerber konzentrieren sich nur auf einige Abschnitte dieses Vorgangs. Die sammeln zum Beispiel nur die Fahrzeuginformationen ein und verkaufen das an jemanden wie uns weiter. Keiner erreicht so eine Prozesstiefe wie wir. Hinzu kommt, dass wir die Einzigen sind, die eine Sofortzahlung anbieten. Das ist der große Vorteil unserer Plattform.
Diese Sofortzahlung ist aber auch ein finanzielles Risiko. Haben Sie genug Eigenkapital in der Hinterhand?
Klar, da gehen wir ins Risiko, indem wir hier vorfinanzieren. Im Moment stemmen wir das selbst. Aber wir befinden uns in Gesprächen mit potenziellen Partnern. Punkt (lacht).
Wie geht es jetzt weiter?
Vor uns liegen spannende Zeiten. Unsere Strategie ist klar.Unter dem Dach der Green Air GmbH wollen wir nicht nur im B2C-Bereich bleiben, sondern auch in den B2B-Bereich expandieren. Das betrifft zum Beispiel Angebote für Unternehmen, die E-Auto-Flotten und eigene Ladesäulen betreiben. Für die lohnt sich der Verkauf der THG-Quoten ja erst recht. Das muss man nur mal hochrechnen – da kommt ganz schön was zusammen. Gleichzeitig ist das ein sehr starker Anreiz für die Betriebe, auf E-Autos umzustellen. Denen können wir aber noch mehr bieten – nämlich das ganze Flottenmanagement. Bei so großen Flotten fällt immer mal ein Auto weg, ein anderes kommt hinzu. Den ganzen Prozess dafür liefern wir. Außerdem arbeiten wir an einer White-Label-Solution. Da ergeben sich wahnsinnig interessante Möglichkeiten für Joint-Ventures.
In welche Richtung denken Sie?
Ich habe da zum Beispiel Versicherungen mit Tausenden von versicherten E-Autos im Hinterkopf oder Autohäuser… Da entstehen ganz neue Geschäftsmodelle, die wir mit unserer White-Label-Lösung unterstützen können. Wie gesagt, da liegt noch einiges vor uns. Darauf freuen wir uns.
Wir sind gespannt.
Die Fragen stellten Moritz Barckhausen und Maxim Zöllner-Kojnov (Business Beast).