Reisen ist wieder schön. Oder doch nicht?

Nach zwei Jahren Pandemie und etlichen abgesagten Reisen sitzt Deutschland wieder auf gepackten Koffern. Mehr als jeder zweite (54 Prozent) möchte dieses Jahr wieder in den Urlaub fahren. Noch im vergangenen Jahr waren es nur 45 Prozent, heißt es in der 38. Tourismusanalyse der Stiftung für Zukunftsfragen vom Februar. Parallel melden die hiesigen Reisebüros Buchungseingänge, die teils schon wieder über dem Niveau aus dem Vor-Corona-Jahr 2019 liegen. Auch global ist die Reiselust wieder hoch: Die Branche wird dieses Jahr rund 50 Prozent mehr umsetzen als 2021 – weltweit sollen Fluggesellschaften, Hotels und Veranstalter mehr als 350 Mrd. Euro einnehmen, so der Mobility Market Outlook der Marktforschungsfirma Statista.

Einen Vorgeschmack auf das, was uns im Hochsommer bevorsteht, lieferte die Reisewelle an Ostern: lange Schlangen in den Terminals, ein Lufthansa-Jumbo auf dem Weg nach Mallorca, ausgebuchte Hotels. Und Ähnliches erwartet uns wohl auch in den großen Ferien. Wer angesichts dieser Aussichten lieber zu Hause in „Balkonien“ urlaubt, dem bleibt einiges an Urlaubsstress erspart. Business Beast warnt vor unerwünschten Nebenwirkungen in den angeblich schönsten Wochen des Jahres.

Sieben Dinge, auf die wir trotzdem null Bock haben:

Buchungsfrust am heimischen Laptop

Vorfreude ist die schönste Freude – hört man oft. Doch bei der Reiseplanung wird aus Freude schnell ungehemmte Aggression. Das Buchungsportal stürzt ständig ab, der gewünschte Sitzplatz im Zug oder Flieger längst weg, das Lieblingshotel ausgebucht. Eine Versicherung haben Sie da schon 27-mal weggeklickt. Und der sauer verdiente Diridari schmilzt trotzdem weiter dahin. Zwei Jahre Pandemie haben die Preise anziehen lassen. Im Angesicht von Ukraine-Krieg und wütendem Inflationsungeheuer steigen die Preise gerade beim Reisen schon wieder.

Einreise- und Corona-Regeln

Wie war das doch gleich mit der Reisefreiheit? Welchen Passierschein braucht man wo? In den 26 Ländern des Schengenraums gibts zwar schon lange keine Pass-Kontrollen mehr. Doch mit der Pandemie kamen ganz neue Hürden: Wer beispielsweise nach Frankreich fliegt, muss vorher online die digitale, sogenannte Passenger Locator Form (EU dPLF) ausfüllen – wer mit Auto oder Zug anreist, kann darauf verzichten. Für die Einreise in die USA ist hingegen ein aktueller Coronatest nötig – plus die Vorlage eines siebenseitigen Formulars, samt zweier Kreuzchen und Unterschrift. Am Flughafen wird der Passagier zwar unentwegt danach gefragt. Doch sehen will es schließlich niemand. Schade um jeden Baum, der für den Ausdruck gefällt werden musste. 

Warten, warten, warten

Wer kennt es nicht: Erst wartet man am Check-in-Schalter, dann an der Sicherheitskontrolle, beim Einsteigen ins Flugzeug. Aus einem Zwei-Stunden-Flug ans Mittelmeer wird ein unendlicher Abenteuertrip. Und dann muss man auch noch die Passagiere ertragen, die die Mittelarmlehne für sich alleine beanspruchen, mit schreienden Kindern verreisen oder die Rückenlehne unvermittelt nach hinten kippen. Der eben noch teuer erworbene Kaffee ergießt sich übers schicke Urlaubsoutfit! Am Zielort wird wieder auf den Koffer gewartet, dann auf ein Taxi und schließlich an der Hotelrezeption. Schon ist der erste Urlaubstag dahin. Der Gedanke an die lästige Rückreise geht einem bis zum Urlaubsende nicht mehr aus dem Kopf.

Lange Schlangen, kein Sonnenlicht. Und bis zur Ankunft am ersehnten Urlaubsort zerrinnt schon der erste Urlaubstag.

Sündhaft teure Mietwägen, …

Auch im Urlaub möchte der Deutsche nicht auf individuelle Mobilität verzichten. Ein Auto für den Weg zum Strand: für viele ein Muss. Doch für einen Mietwagen muss man aktuell gut sparen. Die Preise sind enorm gestiegen. „Nach zwei Jahren Pandemie – Mietwagen fast unbezahlbar“, warnt der Radiosender BR24. Um durchschnittlich 81 Prozent sind die Preise gestiegen, verglichen mit der Zeit vor Corona, hat das Vergleichsportal Check24 ermittelt. In Spanien werden im Sommer 2022 pro Tag durchschnittlich 59 Euro fällig werden – früher waren es gerade einmal 22 Euro. Damit ist Spanien beim Preisanstieg unrühmlicher Spitzenreiter.


Pizza und Latte Macchiato zu Mondpreisen  

Klar, im Urlaub schaut niemand aufs Geld. Man will sich schließlich etwas gönnen. Doch wenn im Straßencafé in Rom plötzlich vier Apérol Spritz fast 70 Euro kosten, dann ist es nur ein schwacher Trost, dass es zum Kaffee fast immer kostenlos Wasser gibt. Und über die ausufernden Pizza-Preise legen wir besser den Mantel des Schweigens. Schließlich kostet mittlerweile der Cappuccino an der Schweizer Autobahnraststätte auch schon sechs Euro.

Überlaufenes Venedig

Das Grauen hat endlich ein Ende, zumindest teilweise: Wer die Lagunenstadt – Inbegriff der Romantik für verliebte Pärchen – besuchen will, muss künftig vorab online einen Termin reservieren! Natürlich ist das kein Scherz. Diese Ankündigung des Tourismus-Beauftragten der Stadt, Simone Venturini, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur machte erst vor einigen Tagen die Runde. Damit möchte man die Besucherströme besser lenken und den Ansturm begrenzen. Hilft zwar nicht für Überflutungen, schützt aber immerhin vor Massen-Tourismus und ewig langen Schlangen vor dem Markusdom. Allein an den Ostertagen sollen Hunderttausende Touristen die Altstadt bevölkert haben. Immerhin soll die Reservierung dieses Jahr noch kostenlos sein. Ab 2023 wird sie kostenpflichtig. Nähere Details sind noch nicht bekannt.

Auch im wohlverdienten Urlaub bleibt man selten ganz allein. Das kann zum Stressfaktor werden.

Sonnenmilch am Strand vor Cesenatico

Endlich geschafft. Das Hotelzimmer ist bezogen, die Reisestrapazen sind verwunden. Eine Liege am Strand, die Sonne scheint. Der Blick schweift über den seichten Wellengang der Adria. Da sticht er ins Auge! Ein öliger Film schimmert auf der Wasseroberfläche – und ein havarierter Tanker ist nicht in Sicht. Keine Sorge. Was da aufs Gemüt schlägt, ist nur die Sonnencreme abertausender Co-Urlauber. Schließlich ist man nicht allein. Frisch eingecremt und ab ins Wasser – irgendwann macht jedes Ökosystem schlapp. Schön ist das nicht. Doch was will man machen? Am norwegischen Fjord wäre das nicht passiert.

Business Beast wünscht viel Vorfreude auf einen geruhsamen Sommerurlaub!

Zurück zur Übersicht
Scroll to Top