Was tun, wenn das Auto nicht mehr röhrt?

Angeber haben es schwer in der Zukunft – Tipps, wie Sie trotz Elektromotor und Nachhaltigkeits-Religion einen auf dicke Eier machen können

Alle sind so ernst geworden. Niemand hat mehr ein Herz für herzhafte Lautstärke, gepflegten Wahnsinn oder hemmungslose Angeberei. Sprache, Aussehen und Geschlecht werden strengstens überprüft. Alles wird dem neuen deutschen Biedermeier angepasst, Flirten ist abgeschafft, jedes Augenzwinkern kann das Aus im Job bedeuten.

Einem lauten Auto wird heutzutage mit ähnlicher Zuneigung begegnet wie einer entsicherten Kalaschnikow in der Kita. Tja, Angeber haben es schwer in unserem CO2-freien Nachhaltigkeits-Zeitalter. Die Profilierungsfahrt mit röhrendem Motor über den Ku’damm ist gestrichen. Hier röhrt bald gar nichts mehr. Der Elektromotor summt kleinlaut vor sich hin.

Was sollen wir Angeber im digitalen Zeitalter bloß tun, um der ganzen Welt zu zeigen, dass wir ganze Kerle sind? Hier ein paar sachdienliche Hinweise:

Sportauspuff

Ich habe erste Elektroautos gesichtet, die mit Sportauspuff ausgerüstet sind. Brumm-Brumm! Aber hallo! Da schlägt das extrovertierte Männchen zwei Fliegen mit einer Klappe. Der Tesla macht sowieso was her – und dabei klingt er nicht wie eine lungenkranke Hummel, sondern wie ein Maserati mit 310. Da flattern die Hosenbeine. Und die Polizei hat’s nicht gesehen. Her mit so einem Ding. Motorengeräusche sind nicht so ihr Ding? Mitmenschen lassen Sie gerne am eignen Musikgeschmack teilhaben? Halten Sie Ausschau nach einer wetterfesten Musikbox, die sie aufs Dach schnallen. Im Hause Bang & Olufsen sollte man das Richtige für sie haben.

Brachiale Optik

Wenn Sie weniger auf Sound als auf die Optik achten und befürchten, auf dem Ku’damm der Zukunft übersehen zu werden, seien die beruhigt. Steigen Sie einfach auf den neuen E-Hummer um. 1000 PS schieben vier Tonnen in drei Sekunden von null auf 100. Alles rein elektrisch. Werden die Straßen immer enger – werden Sie einfach breiter. Das bringt weitere Vorteile. Schon auf die Sitzbank passt bei einer Länge jenseits der fünfeinhalb Meter ein ganzer Clan und mindestens zehn Goldmünzen aus dem Bode-Museum.

Chauffeurin

Man fährt nicht mehr selbst. Sie brauchen eine Fahrerin. In möglichst auffälliger Uniform. Sie wissen schon. Da ist es plötzlich vollkommen egal, welches Auto Sie durch die aufgehaltene Tür besteigen. Das darf dann auch ein lila Twingo sein. Achten Sie darauf, dass Ihre Fahrerin kein Wort deutsch spricht. So bleiben Ihre privaten und geschäftlichen Gespräche garantiert vertraulich.

Stabiler Wecker

Der gehobene Uhrenkauf kann in diesen Tagen lästig sein. Alles ist streng limitiert oder gar nicht erst zu haben. Kaum erscheint die neue Audemars Piguet, schießt ihr Preis ins unermessliche. Finden Sie erst mal einen Händler, der ihnen die gewünschte Patek Philippe zurücklegt. Wie wäre es in Zukunft statt schwerem Klopper mit einer gehäkelten Rolex am Handgelenk. Unter dem Stichwort „crochet handmade Rolex Daytona“ finden Sie im Internet alles, was sie über das Statussymbol der Zukunft wissen müssen.  

Lastenfahrrad

Nur für ganz mutige Angeber. Hier ist entscheidend, wo und wie ich das Lieblingsgefährt der korrekten deutschen Klimafamilie einsetze. Ein maßgeschneiderter Anzug ist ein Muss, wenn Sie damit zur Lunch-Besprechung im Café anreisen. Brioni von der Stange ginge auch. Vorne im Korb, der eigentlich für Tilman und Louise gedacht ist, sollte eine Deutsche Dogge im XXL-Format sitzen. Die hört am besten auf den Namen Wotan, Nero oder Brutus. Man wird Sie ernst nehmen. Garantiert.

Teure Getränke

Die Mobilitätslösung für Angeber liegt am Fahrbahnrand. Nicht mehr im Auto. Setzen Sie sich an den Rand ihrer Lieblingsprofilierungsstrecke und investieren Sie in teure Getränke. Wenn schon beim Auto gespart werden muss, sind locker ein paar lausige Hunderter für diverse Magnum-Pullen Louis Roederer Cristal drin. Die werden dann möglichst sichtbar auf dem Tisch positioniert – und eiskalt ausgetrunken. Nicht nippen! Großer Schluck! Oder gar nicht.

Untergrund

Wenn dann schließlich alle Verbrenner verbannt sind, wird es einen Untergrund geben. Schon jetzt bilden sich Banden. Benzin-Banden. Diesel-Dompteure. Lärm-Liebhaber. Wir lieben den Geruch von qualmenden Reifen. Den einzigartigen Sound eines gequälten Achtzylinders. Sie schlafen neben einer tropfenden Ölkanne und träumen von „The Fast and the Furios 20“, in dem Bleifuß Vin Diesel endlich ein Auto heiratet. Das hat Stil. Hier ist Ihr Platz. Hier gehören Sie hin.

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