Wie Deutschland wieder Innovations-Weltmeister werden kann

Auch das noch! Deutschland – das Land der Ideen und Innovationen – hat seinen Spitzenplatz verloren. Laut aktuellem Bloomberg-Innovation-Ranking büßt die einst innovativste Volkswirtschaft der Welt gleich drei Plätze ein und rangiert nun hinter Südkorea, Singapur und der Schweiz auf Platz vier.

Kaum ist das Ranking auf dem Markt gehen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft steil und prophezeien gleich den Abstieg ins Mittelmaß. Die nackten Zahlen geben indes leise Entwarnung. Nach aktuellen Erhebungen steigen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung der deutschen Wirtschaft auf 76 Milliarden Euro. Forschungseinrichtungen und Universitäten bringen noch einmal 23 Milliarden Euro. Macht summa summarum 99 Mrd. Euro. Ein absoluter Spitzenwert. Viel hilft viel. Oder?

Geld ist nicht alles

Kommt drauf an. Genauso wichtig: Von wem und für was wurden diese knapp 100 Mrd. Euro investiert?

Unter den Top 50 aller weltweit forschenden Unternehmen finden sich acht deutsche Vertreter. Immerhin. Mit dabei, wen wundert es: der Volkswagen-Konzern (Platz 6), Daimler (Platz 11), BMW (Platz 19), Bosch (Platz 20), Siemens (Platz 21) und Continental (Platz 50). Sie alle pumpten zwischen 14,4 Mrd. Euro (VW) und 3,5 Mrd. Euro (Continental) in ihre Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Viel Geld, dass der Old Economy mittels Transformation das Überleben sichern soll. Gleiches geschieht übrigens auch bei den Innovationsleadern Japan oder Südkorea.

Der entscheidende Unterschied: mit Bayer (Platz 25 / 5,6 Mrd. Euro) und SAP (Platz 38 / 4,2 Mrd. Euro) schafften es in Deutschland nur zwei Zukunftsbranchen unter die Top 50. Dabei zählen Softwareentwicklung, Biotechnologie oder Pflanzenzucht zu den Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Wenigstens sind Auto- und Maschinenbauer mittlerweile aufgewacht und holen bei den Themen alternative Energien und Antriebe, Emissionsreduktion oder Autonomes Fahren rasant auf.

Nur: Reicht das zur Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere in entscheidenden Zukunftsfeldern wie Umwelt, künstliche Intelligenz, Big Data, Robotik oder Nanotechnologie?

BioNTech hat es vorgemacht

Vergleicht man den Innovationsstandort Deutschland mit Israel, ist die klare Antwort: Nein. Israel hat sich zum Innovations-Hotspot entwickelt und weist die weltweit höchste Dichte von Start-ups pro Kopf auf. Die Gründe sind auch in Deutschland lange bekannt: moderne Einwanderungspolitik, starke Bildung, Clusterbildung und so weiter und sofort.

Die Pandemie hat gezeigt, dass Deutschland es kann. BioNTech war das erste Unternehmen, das einen Impfstoff liefern konnte. Erstaunlich, weil die Amerikaner von Moderna bei der Gen-Sequenzierung viel schneller waren. Aber BioNTech hatte mit Pfizer einen Produzenten für den Giga-Markt als Partner.

Erstaunlich ist das deshalb, weil es normalerweise immer umgekehrt funktioniert. Deutsche erfinden, entschlüsseln oder erforschen und andere – gerne US-amerikanische Firmen – führen das Wissen zur Marktreife und damit in die Regale des Handels.

Stärkere Einbindung der Bundeswehr

Wahrscheinlich bleibt es aber bei diesem One-Night-Stand: Denn beim Thema Marktbedingungen und Forschungsumfeld findet man Deutschland nur noch auf den mittleren Rängen. Die Politik hat die Defizite erkannt und verspricht schnelle Abhilfe. Starke Innovationsnetzwerke aus Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen sowie Akteuren aus der Wirtschaft sollten gezielt gefördert werden, um neue Erkenntnisse möglichst rasch zur Marktreife zu bringen. Auch eine stärkere Einbindung der Bundeswehr wird in diesem Zusammenhang diskutiert. Länder wie Israel oder die USA zeigen, wie groß der Nutzen militärischer Forschung für den zivilen Sektor sein kann – Stichworte Autonomes Fahren, KI, Robotik.

Mit Blick auf die Ausgaben für Schulen und Universitäten spielt Deutschland durchaus in der ersten Liga. Aber wie bei der Forschung ist Geld nicht alles. Auch hier kommt es auf die richtige Verwendung an. Jetzt.

Foto: Carl Campbell / Flickr

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